Wie viele neue Kunden kann man mit Telefonakquise eigentlich gewinnen?

Vor Kurzem, während eines Verkaufstrainings, kam es zu einer kleinen Diskussion. Letztendlich ging es um das Gesetz der großen Zahl bei der Neukundenakquise.

Ich behauptete, wenn alle Verkäufer des Unternehmens, ein mittelständischer Hersteller von Sensoren- und Messgeräten, regelmäßig und systematisch Telefonakquise betreiben würden, könnte jeder Verkäufer im Jahr mindestens 12 neue Kunden akquirieren.

Um dies zumindest rechnerisch zu untermauern, stellte ich eine Rechnung auf:

Nur mal angenommen, ein Verkäufer macht regelmäßig pro Woche 16 Bruttotelefonate, also gewählte Telefonnummern, bei Interessenten. Bei den Interessenten handelt es sich um Unternehmen, die aufgrund der Branche, Unternehmensgröße, Region und möglicherweise anderer Kriterien gezielt ausgesucht wurden. Die Ansprechpartner bei den Interessenten können in der Technik, dem Einkauf, der Geschäftsleitung oder anderen relevanten Positionen sitzen.

Nehmen wir weiter an, dass der Verkäufer bei jedem vierten Anruf ein Gespräch mit einem Entscheider führt.

Ziel des Anrufs ist die gezielte Bedarfsklärung. Es geht also darum, über einen kurzen, aber interessanten Pitch und eine oder ggf. auch mehrere qualifizierenden Fragen einen Ansprechpartner zu finden, der ein Problem, einen Schmerz hat. Bis dahin dürfte es nicht schwer sein, denn Probleme gibt es immer:

  • Qualitätsprobleme beim aktuellen Lieferanten
  • Schlechte Lieferperformance des aktuellen Lieferanten
  • Schlechte Erreichbarkeit des Außen- oder Innendienstes oder schlechter Service
  • Neue Projekte
  • Etc.

Nun gilt es aber herauszufinden, welcher Kunde bzw. Entscheider auch schon so weit ist, dass dieser Schmerz allmählich nervt oder zumindest schon einmal so stark war, dass er genervt hat, sodass der Kunde nun gewillt ist, einen neuen Lieferanten ins Spiel zu bringen. Auch dies gelingt in der Regel mit den passenden Fragen ziemlich gut.

Die Erreichbarkeitsquote ist also eins zu vier, sodass bei 16 gewählten Telefonnummern pro Woche, vier Erstgespräche pro Woche oder sechzehn pro Monat mit Entscheidern geführt werden.

Aus Erfahrungen bei meinen Kunden kann ich sagen, dass auch hier wieder im Schnitt jeder vierte Entscheider aufgrund der vorhandenen Probleme (gerne können wir auch Herausforderungen sagen), einen Termin für einen Besuch oder Video-Call zustimmen wird. Macht also vier Termine mit potenziellen Neukunden pro Monat.

Wenn diese Interessenten schon einmal soweit qualifiziert sind und man bei dem Entscheider die Chance bekommt die vorhandenen Herausforderungen genau zu definieren, die Auswirkungen (hohe Kosten, unzufriedene Kunden und Mitarbeiter, schlechte Prozesse etc.) ebenfalls über Fragen deutlich herauszustellen, dann sollte es erfahrungsgemäß möglich sein, zumindest bei jedem zweiten persönlichen Termin ein Angebot zu platzieren.

Das bedeutet, dass man pro Monat, bei einer Angebotsquote von fünfzig Prozent, auf jeden Fall mindestens einen neuen Kunden gewinnen kann.

Dieser Rechnung und Annahme konnte keiner der Anwesenden widersprechen, sodass es also nur noch um die Frage ging, ob es denn möglich ist, dass jeder Verkäufer in einer Woche 16 Telefonnummern wählt, um mit vier Entscheidern zu sprechen. Selbstverständlich neben den sonstigen Themen, die man unter dem bekannten Überbegriff „Tagesgeschäft“ zusammenfassen kann.

Ich behaupte und kann beweisen, dass diese 16 Brutto- bzw. 4 Nettokontakte, selbst von ungeübten Verkäufern, locker in eineinhalb bis zwei Stunden zu schaffen sind.

Nehmen wir eine oder meinetwegen auch zwei Stunden für die Recherche dazu, die übrigens unabhängig von der eigentliche Telefonakquise stattfinden sollte, dann bleibt ein zeitlicher Aufwand von drei bis höchstens vier Stunden pro Woche.

Drei bis vier Stunden pro Woche, für eine Tätigkeit, die nach meiner Überzeugung zu den wichtigsten Aufgaben eines Verkäufers gehören und deshalb unbedingt investiert werden müssen.

Dass der anwesende Vertriebsleiter leuchtende Augen bekommen hat, immerhin saßen gerade acht technische Verkäufer im Raum, kann man sich bestimmt ebenso gut vorstellen, wie klar ist, welche Schwerpunkte im Vertriebstraining gesetzt wurden.

Selbstverständlich kann man über die eine oder andere Zahl oder über die angenommenen Quoten stundenlang diskutieren. Die Grundaussage bleibt aber: Telefonakquise ist heutzutage nicht besonders sexy, aber ausgesprochen effektiv!

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Holger Steitz ist Trainer, Berater, Coach und Autor für Vertrieb und Kundengewinnung, Social-Selling, Führung und Verhandlungstechniken im B2B-Umfeld. Er trainiert und coacht Führungskräfte und Mitarbeiter im Vertrieb und unterstützt mit seinem Team B2B-Unternehmen bei der Entwicklung und Optimierung von Vertriebsstrategien und bei der Umsetzung von Konzepten zur Neukundengewinnung für erklärungsbedürftige Produkte und Dienstleistungen.

Im letzten Jahr ist im WILEY-Verlag sein neues Buch “Mach endlich Deinen Job” erschienen.  Darin geht es um Zeitverschwendung, falsche Routinen und faule Ausreden im Vertrieb, aber natürlich auch um Auswege aus diesem Dilemma sowie die richtigen und zielführenden Maßnahmen für erfolgreichen und zeitgemäßen B2B-Vertrieb. Hier gibt es die kostenlose Leseprobe.

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